Liebe erfahren und weitergeben
Herzstück der Spiritualität Philipps ist sein „Pfingsterlebnis“ im Jahr 1544. Es war die Grunderfahrung, die sein ganzes Leben geprägt und getragen hat. Philipp selber deutete sein Pfingsterlebnis als eine Erfahrung der Liebe Gottes. Zuweilen hörte man den Heiligen sagen: „Vulneratio caritatis sum“ – mich hat die Liebe verwundet. (Einzelheiten zum Pfingsterlebnis Philipps …)
Diese Liebe, dieses Feuer, drängte nach außen. Da waren die vielen Kranken, die durch den körperlichen Kontakt mit ihm gesund wurden. Da gibt es die vielen Beispiele der seelisch Kranken und der von Versuchungen geplagten Beichtkinder, die Philipp an sich drückte und durch das innere Feuer seines Herzens heilen ließ. Philipp ist ein lebendiges Zeugnis der machtvollen Gegenwart des Gottesgeistes mitten in der Welt der Renaissance. Wer Philipp beim Beten und bei der Feier der Eucharistie erlebt hatte, wusste Tieferes, als jede Theorie über das „geistliche Leben“ lehren kann. Liebe ist das Herzwort der Spiritualität Philipps. Von der Erfahrung der Liebe Christi, die gerade in seiner Passion sichtbar wird, ist Philipp nie losgekommen. „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat,“ schreibt schon Johannes in seinem Evangelium (Joh 3,16), und die Gewissheit dieser Liebe durchströmte das ganze Leben Philipps. So fesselt ihn z.B. das Bild des Gekreuzigten im Vorlesungssaal dermaßen, dass er der Vorlesung nicht mehr folgen kann.
Die Erfahrung der Liebe Gottes weckt und fordert unsere Antwort. Philipp wiederholte oft: „Was nottut, ist, sich ganz Gott hinzugeben. Wer etwas anderes will als Christus, weiß nicht, was er will“. Hier wird eine ganz natürliche Ausrichtung auf Christus, den Herrn, deutlich, die das ganze Leben Philipps prägt. Er ist jedoch weit entfernt von jedem Rigorismus. Es ist ein Grundsatz der Spiritualität Philipps, auf das Positive, auf die Gnade zu vertrauen. Er verwirft nicht die Mode oder den Reichtum. Er verbietet nicht die üppigen Auswüchse der damaligen Zeit. Er hält keine flammenden Drohreden und Strafpredigten.
Er vertraut auf die Liebe Gottes, die in den Menschen von selber wirksam wird wie ein Feuer oder ein Samenkorn – am Anfang unscheinbar und verborgen, aber bereits am Keimen. Seinen Mitbrüdern rät Philipp, den Sündern mit Liebe zu begegnen: „Gebt euch immer Mühe, sie mit Freundlichkeit und Liebe für Christus zu gewinnen. Habt für ihre Schwächen soviel Verständnis wie eben möglich. Bemüht euch ganz besonders, ihnen jene Liebe Gottes nahe zu bringen, die allein Großes vollbringen kann.“
Am Vorabend des Gedenktags, am 25.5.2018, veröffentlichete der Osservatore romano einen Artikel über „den christlichen Sokrates“ – die Übersetzung hier zum Download (PDF).