Philipp Neri versteht Gebet als Leben in der liebenden Gegenwart Gottes. Ein Schüler von ihm sagt: „Philipp hatte das Gebet so gern, dass alle Übungen, die er im Oratorium ins Leben rief, nur dieses eine Ziel hatten. Und es führte ihn auch dazu, den Namen der Kongregation als ‚Oratorium‘ zu bezeichnen.“
In vielen seiner Worte begegnet uns das Befreiende und Natürliche der Art Philipps. Er befreit vom Zwang der Gebete als Pflichtübungen, von langen mündlichen Gebeten. Mitten in der Welt, im Alltag kann und soll man beten. Er praktiziert Kurzgebete in jeder Lebenslage.
…Literatur zu den Kurzgebeten‚
Ich misstraue mir selbst, und ich vertraue mich Dir an, mein Jesus!
Ich werde Dich niemals lieben, wenn Du mir nicht hilfst, mein Jesus!
Ich suche Dich und finde Dich nicht, mein Jesus, komm zu mir!
Jungfrau Maria, Mutter Gottes, bitte Jesus für mich!
Jesus, sei mir Jesus!
Sein Beten ist Verdichtung auf das Wesentliche. Das Ave Maria zum Beispiel reduziert er auf den Kern: „Jungfrau Maria, Mutter Gottes, bitte Jesus für mich!“ Damit nimmt er sich die Einsiedler in der Wüste und die Mönche zum Vorbild. Beten soll nicht zur Erschöpfung führen, sondern froh machen. Philipp hält nichts von einem System oder einer Methode. Er mahnt die Priester, die bei ihnen Beichtenden nicht auf den eigenen Weg festzulegen, sondern ihnen Freiheit zu lassen. Der Heilige Geist ist für ihn der beste Lehrmeister des Betens.
Oratorianische Spiritualität geht den ganzen Menschen an. Ihr Ort ist das Herz im biblischen Sinn: die Mitte der Person, wo der Mensch ganz er selbst ist, wo Gott ihn anruft und wo der Mensch sich hingibt. Philipp sagt: „Um zu beten, braucht es den ganzen Menschen.“ „Unserem Verstand erschließt sich Gottes Geheimnis nicht.“ „Die Weisheit der heiligen Schrift erlernt man mehr durch Beten als durch Studieren.“